Wir hatten uns heute den Wecker gestellt, um mal wieder einen besseren Rhytmus zu bekommen. Also standen wir um acht Uhr auf und nach dem Frühstück am windigen Flussufer war es erst halb 10. Das war mal wieder eine humane Zeit. Wir wanderten etwas flussabwärts, denn dort sollte es noch ein paar schöne Stellen im Wald geben. Und tatsächlich nach kurzer Zeit sahen wir zwei Jungs an einer tiefen Stelle in den Fluss springen. Echt wahnsinnig! Uns war schon beim Zuschauen kalt. Sie empfohlen uns es auch mal zu probieren. Man konnte auch an einem Seil über den Fluss schwingen – wie Tarzan an der Liane -, aber wir lehnten dankend ab. Für Clara gab es hier eine seichte Stelle wo sie Steine werfen und Wasser schaufeln konnte. Man musste aber ziemlich aufpassen, dass sie nicht zu weit ging, denn es wurde dann doch recht schnell tiefer und die Gummistiefel waren ja auch irgendwann zu Ende. Wir gingen ein Stück weiter, aber viel spannender wurde es nicht. Irgendwann entschieden wir dann umzudrehen, damit wir spätestens zu Claras Mittagsschlaf nochmal zurück waren. Als wir wieder am Camper ankamen, hatte sich der vormals leere Parkplatz gut gefüllt und einige Familien picknickten und Kinder (mit Neoprenanzügen) hüpften im Wasser rum. Englischer Sommer. Clara war mittlerweile gut müde, denn wir hatten sie ja heute geweckt und gestern war es sehr spät gewesen, als sie geschlafen hatte. Wir hatten noch eine interessante Station in der Nähe gefunden, die wir anfahren wollten. Wir stellten später fest, dass dies an der gleichen Stelle war, wo wir gestern schon waren. Nur ein paar hundert Meter enfternt von dem Steinbruch. Irgendwie hatten wir das übersehen. Clara konnte so jedenfalls auf der Fahrt einschlafen, was auch fast direkt funktionierte. Wir fuhren die Merrivale Steinreihe an, eine größere Ansammlung von uralten Steinformationen, genauer gesagt einem Steinkreis, zwei doppelten und einer einzelnen Steinreihe, Zisterne und aufrechtstehenden Steinen. Sie sind mehr als 3000 Jahre alt und der Zweck der gut 3km langen Steinreihen ist unklar. Die verwendeten Steine sind zu niedrig um zur Sternbeobachtung benutzt werden zu können und sie sind zu nah beieinander, um für Prozessionen genutzt zu werden. Als Clara erwachte, machten wir uns auf den Weg. Wir hatten diesen Ort (es gibt einige davon in Dartmoor) deshalb ausgesucht, weil er leicht erreichbar ist. So mussten wir nur 200 m bis zur ersten Steinreihe laufen, allerdings bergauf. Das Wetter war wieder etwas schlechter geworden und es blies ein starker Wind, der Clara nicht behagte. Dann fing es auch irgendwann noch zu nieseln an. Man konnte sehen wie der Wind den Nieselregen regelrecht durch die Luft peitschte. Zu dem Ort passte diese Atmosphäre, aber es machte trotzdem nicht so richtig viel Spaß. Also hielten wir uns kurz, aber das Areal hatte wie schon gesagt ziemlich große Ausmaße, so dass es eine Zeit dauerte, besonders mit Kind, das ständig hoch/runter und vor allem am allerliebsten zum Wasser (einem kleinen Bach oder diversen Pfützen) wollte und generell andere Interessen hatte als die Eltern. Den Steinkreis fanden wir aber nicht so schnell, weshalb Benny mal eine „Oma“ mit vermutlich ihrem Enkelchen, das gerade Drachen steigen ließ, fragte, ob sie wisse wo denn der Steinkreis ist. Sie verneinte und sagte, dass sie auch zum ersten Mal hier ist. Sie hat allerdings ein paar Leute beobachtet, die auf die andere Seite des Areals gewandert sind. Wenn er es genauer wissen wollte, sollte er lieber noch jemand anderes fragen. Sie zeigte auf einen Mann mit Karte in der Hand. Wegen dem Wetter wollten wir eigentlich langsam wieder los, da beschloss er dann doch zu dem Herrn zu gehen, der ihm dann freundlich seine Karte zeigte – sah aus wie eine Schatzkarte. Dort konnte man sehen, wo der Steinkreis ist und wir konnten dann dorthin gehen. Unterwegs entdeckten wir noch die Zisterne, wo Benny dann auf Geheiß von Clara ihre Füße (mit Gummistiefelchen) ins Wasser hielt.
Bald waren dann die Fotos im Kasten und wir konnten uns dem nächsten Thema widmen: Hunger. Unser aktueller Parkplatz war ziemlich bevölkert, also fuhren wir noch ein kleines Stückchen weiter. Hier im Dartmoor ist es genau entgegengesetzt zum Rest von England: Man findet überall kostenlose Parkplätze und wildes Campen wird nicht nur geduldet, sondern sogar unterstützt! Also fanden wir auch schnell einen Parkplatz und dann war mal wieder das übliche Prozedere an der Reihe: Spülen (das Geschirr war alle) und dann Kochen. Es gab Reis mit Thaisoße und Knobi-Hähnchen. Mangels Zeit greifen wir hier öfter auf Halb-Fertiggerichte (wie hier das Fleisch, das schon fertig paniert war) zurück oder z.B. vorgeschnibbeltes Gemüse, was bisher immer gut war. Die ganze Familie haute gut rein und ließ es sich schmecken. Nach dem Essen fiel Mirjam ein, dass sie sich heute spätestens um die Fähre kümmern wollte. Also telefonierte sie diverse Hotlines an. Wir waren leider etwas spät dran und für unseren Wunschtermin Samstag Vormittag gab es entweder gar nichts mehr oder nur noch mind. 4x so teuer wie die Hinfahrt gewesen war (diese hatten wir auch eher kurzfristig gebucht). Nach einigem Hin- und Herüberlegen entschieden wir uns dann für eine Überfahrt am Samstag Abend um 19:15 Uhr, die dann nur fast doppelt so teuer war wie die Hinfahrt. Leider ging es auch nur nach Calais und nicht nach Dünkirchen, was uns eine halbe Stunde Autofahrt gespart hätte. Die P&O Ferries fahren ausschließlich Calais an. Jedenfalls hatten wir dies beim ersten Telefonat nur reserviert, deshalb musste Mirjam noch mal dort anrufen. Nach unserer Zeit war es halb fünf, nach deutscher schon eine Stunde später. Das bedeutete, dass die Reederei dann die Leitungen für die deutsche Hotline schon zu hatte. Also mit der englischen telefonieren… Eigentlich ja kein Problem, aber die Dame am anderen Ende hatte so einen krassen Akzent, dass es echt schwer war sie zu verstehen. Aber irgendwie funktionierte es dann doch und nach dreimaliger Durchsage unserer Fahrzeugmaße hatten wir dann ein Ticket gebucht. In der Zwischenzeit hatten Benny und Clara ein bisschen rund um den Camper gespielt. Das Wetter war (schon seit dem Mittagessen) besser geworden und hier war ein kleiner Bach und auch sonst war es hier wieder sehr nett. Leider ist Clara auch nach den ganzen gemeinsam verbrachten Tagen noch so mamafixiert, dass es für Benny nicht oft möglich ist, mit ihr Zeit zu verbringen, ohne dass sie ständig zu Mama will. Das ist für beide Elternteile anstrengend. Umso schöner war es, dass es jetzt mal wieder geklappt hatte. Anschließend gingen wir noch die kleine Straße weiter, an der wir geparkt hatten. Sie führte auf ein mit Schildern ziemlich rigoros abgegrenztes Gebiet. An zwei Pfosten stand „Merrivale Quarry“ (zu Hause recherchiert: Granit Steinbruch, 1997 geschlossen – so sah es dort auch aus). Benny war einmal vorgegangen und hatte gesehen, dass dort noch ziemlich interessante Gebäude und ein Wasserfall waren. Wir inspizierten alles mit größter Vorsicht, denn die Warnungsschilder waren schon ziemlich eindrücklich, aber die Abenteuerlust war größer. Ein großer Wasserfall fiel in ein großes durch einen mit Stacheldraht abgesperrtes Becken. Dieses war angeblich sehr tief und es wäre daher lebensgefährlich. An den Ruinen hingen Blechteile herunter, die durch den Wind bewegt wurden und unheimliche Geräusche machten wie in einer Geisterstadt, ein paar Schafe liefen umher… Das hatte schon was. Dann ging es irgendwann wieder zurück, Clara aß noch eine Kleinigkeit zu Abend (wir auch, denn später war der Zugang zu Essen nicht mehr so einfach wenn Clara schlief – eigentlich war aber nicht wirklich viel Hunger vorhanden) und dann fuhren wir los. Unser Schatz schlief bald darauf ein und wir konnten noch einiges von der wunderschönen Landschaft sehen, denn es war erst kurz nach acht und hell genug. Unser Weg sollte uns heute Abend noch raus aus Dartmoor nach Stonehenge führen, denn das hatten wir auf der Hinfahrt ausgespart. Etwa 2,5h Autofahrt standen an. Dort angekommen, wollten wir auf den Stonehenge Parkplatz, der vom National Trust betreut wird. Leider war dieser verschlossen. Mirjam meinte sie hätte gelesen, dass es in der Nähe einen Feldweg gibt, den man zum übernachten anfahren sollte. Das taten wir und nach kurzer Suche – es war mittlerweile stockfinster – haben wir ihn auch gefunden. Wie sich am nächsten Tag rausstellte parkten wir direkt nebem dem berühmtesten Steinkreis Englands – vielleicht sogar der ganzen Welt. Es war schon recht spät also gings gleich drauf ins Träumeland.
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